Ein von der Meraner Zeitung unter dem Titel „Meran in zehn Jahren“ abgedruckter Brief von 1907 bringt uns zurück in die Zukunft. Er zeigt, wie sich ein Reisender Meran vor genau 100 Jahren vorstellte – sein Morgen ist unser Gestern.

Meraner Zeitung vom 14. April 1907
Verfasst im Jahr 1907, berichtet der anonyme Reisende von „wesentlichen Veränderungen“, die zehn Jahre später „den Reiz des früher schon so schönen und der Gesundheit zuträglichen Meran noch erheblich gesteigert“ hätten: Von Berlin aus ist Meran bequem mit der Eisenbahn zu erreichen – durch einen fünf Kilometer langen Tunnel unter dem Jaufen hindurch und dann durch den Küchelberg zum Meraner Bahnhof. Damit die Bahn die extremen Höhenunterschiede zwischen Sterzing und St. Leonhard überwinden kann, wird sie elektrisch betrieben. Die Kraft dazu wird aus einem gewaltigen Elektrizitätswerk gewonnen, für das man die Passer direkt oberhalb der Gilfenklamm mit einer 40 Meter hohen Mauer aufgestaut hat. Von dieser aus bietet sich ein herrlicher Blick auf den künstlichen See, der von Motor- und Ruderbotten belebt wird und noch dazu zu einer Verbesserung der Luftfeuchtigkeit in der Kurstadt beiträgt.
„War Meran schon früher schön“, schreibt der anonyme Verfasser, „so hat es verstanden, sich nicht nur auf der Höhe zuhalten, sondern sich den gesteigerten Ansprüchen der Neuzeit und der Erholungsbedürftigen anzupassen.“

Inv. Nr. 4080943, Sammlung Touriseum
Eine Zukunftsvision, die sich möglicherweise sogar bewahrheitet hätte, wäre da nicht etwas ganz anderes dazwischengekommen. Hätte der Reisende Meran im Jahr 1917 besuchen wollen, so wäre ihm das nicht einmal erlaubt worden. Der damalige Bürgermeister, Josef Gemaßmer hatte nämlich in genau diesem Jahr verordnet, dass nur mehr in Meran Ansässige die Kurstadt betreten durften. Denn Meran war zu einer Lazarettstadt geworden und die Lebensmittel wurden knapp. Die Einheimischen sahen nicht länger ein, warum sie für ihr Essen anstehen mussten, während den in den Meraner Hotels verbliebenen Kurgästen immer noch Speisen aufgetischt wurden.
… Erster Weltkrieg anstatt Bootsfahrten auf der Passer…

Ausstellungskatalog, erhältlich im Touriseum
(Mehr über den Tourismus im südlichen Tirol während des Ersten Weltkriegs gibt’s in unserem Ausstellungskatalog „Tourismus & Krieg“.)