von Lena Adami
Zwei Jahre waren wir schon ein Paar, der Lois und ich, als ich nach 28 Jahren Bayern wieder nach Südtirol zurückkehrte. Jedes Wochenende kam der Lois aus Rosenheim zu mir nach Meran auf Besuch. In meinem Schrank hingen seine „Meraner Hemden“, lagen seine Pullover aus feiner Merinowolle, wenn nicht gar aus Kaschmir. Ein Borsalino harrte auf sein „Künstlerhaupt“ und feinste Mokassins kleideten seine Füße, wenn er mit mir durch die Meraner Lauben schlenderte. Für mich damals ein toller Mann, so ein Typ zwischen Curd Jürgens und John Wayne. Charmeur und Abenteurer. Eine Mischung genau richtig für mich! Jedes Wochenende also ein Wiedersehn. Ein Mann für schöne Stunden. Genau richtig für mich.
Dann vergingen plötzlich 14 Tage, bis er wieder daher brauste. Das tägliche abendliche Liebesgeflüster reduzierte sich auch plötzlich auf „Bussi, Bussi! Gute Nacht!“ Was? Und das mir? „Weißt du Lois, wir können’s auch lassen, wenn wir uns nichts mehr zu sagen haben“. Der Lois gab mir Recht und verschwand in gutem Einvernehmen aus meinem Leben.
Seine „Meraner Hemden“, die Pullover, den Hut und die Schuhe packte ich in einen gelblich braunen Lederkoffer. Und ab in den Keller. Lederkoffer? Es war noch zu Hause auf dem Dachboden gestanden, wohl schon zwanzig Jahre alt. Wenn man ein bisschen am „Leder“ kratzte, schälte es sich wie Löschpapier. Immerhin in den Sechziger Jahren war der schon ganz edel. Sicher zwei Jahre lang ruhten die Klamotten vom Lois in meinem Keller.
Wos hosch denn dou fir an Kuufr?
fragt mich eines Tages meine Schwester Rosa.
Funn Lois sem.
Woss willsch denn mit denn?
Vielleicht konnr nou eppes brauchn. Ess sain gonz faine Sochn, woasch!
Schpinnsch!? Woss willsch denn dess Zuig auhebn? Wennr eppes braucht, norr soll er sichs lai kaafn!
Die Marlene, die Dietrich, hatte noch einen Koffer in Berlin. Der Lois, mein Geliebter aus Rosenheim, hatte seinen noch bei mir in Meran. Allerdings wusste er nichts davon. Und so erhielt die Caritas den Koffer aus Lederimitat mit den Designer-Klamotten vom Luis.
P.S.
5 Jahre später. Die italienische Post bringt eine Briefmarke heraus. Eine Sondermarke mit dem Meraner Kurhaus. Genau richtig für den Lois, den Briefmarkensammler und Südtirol-Fan. Also eine Postkarte nach Rosenheim. Der Lois kommt wieder nach Meran. Nunmehr als Freund. Und wir gestehen uns: Ulrike, eine frühere, junge Geliebte war damals aus Amerika zurückgekehrt. Und die Liebe zu ihr war wieder aufgeflammt. Der Rudy, meine erste Liebe, hatte mich zur selben Zeit nach 33 Jahren gesucht und auch gefunden.
So klärte sich nun unser gutes Einvernehmen am Ende unserer Liebschaft auf.
Jede Woche eine neue Koffergeschichte!
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Eine Begleitaktion zur Sonderausstellung „Packen, tragen, rollen – Reisegepäck im Wandel der Zeit“ (2021)