Archiv für den Monat: Dienstag, der 24. Mai 2022

Mit kleinem Koffer dreimal um die Welt

Vor mir sitzt Walter Nogler, vermutlich der meistgereiste Südtiroler schlechthin. In seinen blitzblauen Augen spiegelt sich unser blauer Planet wider. Den hat er dreimal umrundet, hat 204 Länder und sieben Kontinente bereist.

Nogler_Tibet

Radtour von Lhasa Tibet nach Katmandu

Ein sportlicher Mann mit jugendlichem Aussehen, seine 78 Jahre sieht man ihm nicht an. Vermutlich lässt das Reisen langsamer altern. Auf meine Frage, was er bei seinen Reisen alles in seine Koffer packt, erwidert er, er reise prinzipiell mit kleinem Koffer. Er selbst benötige eigentlich sehr wenig. Man kann überall auf der Welt alles kaufen, es gibt überall Waschsalons und großes Gepäck belaste nur seinen Geist. Den schwersten Koffer hat er mit, wenn er zweimal im Jahr seine alte Heimat Südtirol besucht, schmunzelt er.

Nogler_Grönland

Hundeschlitten-Expedition in Grönland

67 europäische Länder und ihre Nebengebiete, alle sieben Natur- und Weltwunder der Antike, alle 50 Orte, „die man gesehen haben muss bevor man stirbt” hat der Globetrotter besucht.  Bei seinen internationalen Abenteuerreisen ist er durch die wildesten Gegenden gewandert und hat die herrliche Tierwelt und das Meeresleben auf allen sieben Kontinenten beobachtet. Seine größte Liebe gilt der Tierwelt.  Er ist den Berggorillas im Dschungel von Ruanda begegnet, ist auf den Fidschi-Inseln mit Buckelwalen geschwommen, war mit Kamelen in der Wüste unterwegs, hat mit Orcas in den norwegischen Fjorden getaucht und machte mit Schlittenhunden eine Tour durch Grönland.

Nogler_Kenia

Mit den Massai in Kenia

Der Wahlengländer stammt aus ärmlichen Verhältnissen, weiß bestens Bescheid, wie sich das anfühlt und reiste vielfach in die ärmsten Länder der Welt. Gerade sind seine Reiseerinnerungen in Buchform erschienen und sämtlicher Erlös aus dem Verkauf des Buches spendet er einer Wohltätigkeitsorganisation, die die vielen alleinstehenden Frauen und Kinder in Afrika unterstützt. Das Wichtigste sei, dass die Kinder etwas lernen können. Seine Reisen haben den erfolgreichen Geschäftsmann geprägt und er hat dadurch erkannt, worauf es im Leben wirklich ankommt.  Sein wertvollstes Mitbringsel von einer Reise war „das Paradoxon unserer Zeit von Dalai Lama“. Seit dem ist sein Leben nachhaltiger geworden. Dem Vegetarier, der keinen Alkohol trinkt, ist der Weltfriede wichtig. Er wünsche sich mehr Frauen in der Politik, die für mehr Weltfrieden sorgen könnten.

Nogler_Mexiko

Schwimmen mit Delfinen in Playa del Carmen – Mexiko

Nur wenige Reiseandenken hat er mitgenommen, darunter sein Lieblingstier, ein Elefant aus Amber aus Lithuania, und einen Buddha aus Burma, der ihm Glück schenkt. Sechsmal sind seine Koffer verloren gegangen, die er alle wiederbekommen hat. Buddha sein Dank!

Auf lange Flugreisen werde er in Zukunft verzichten, das sei jetzt trotzdem etwas zu anstrengend in seinem Alter. Aber ganz sesshaft werden kann er nicht, dafür ist er zu gerne unterwegs.

Das Interview mit dem Weltreisenden führte Ruth Engl – Vermittlerin Touriseum Meran

 

Jede Woche eine neue Koffergeschichte!

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Eine Begleitaktion zur Sonderausstellung „Packen, tragen, rollen – Reisegepäck im Wandel der Zeit“ (2021-2022)

Ein Selbstportrait

Koffer_Reso

von Evelyn Reso

Alles, was mitmuss, liegt auf dem Bett ausgebreitet: Hosen, T-Shirts, Pullover, Toilettenzeugs, eine dünne Jacke, eine dicke Jacke und eine wasserfeste – sollte es entgegen aller Wetterprognosen doch zu sintflutartigen Regenfällen kommen. Alles wird gut sortiert verstaut, damit man es nachher schnell wiederfindet in den Untiefen des Koffers. Socken und Tempos stopfen die verbliebenen Löcher. In letzter Sekunde landen weitere überlebenswichtige Utensilien im Koffer: weitere Tempopäckchen, ein Taschenmesser, ein Feuerzeug – ich rauche nicht, aber es könnte ja nützlich sein.

Fertig.

Jetzt noch das Adressschild kontrollieren und den farbigen Anhänger dranmachen, zur Sicherheit auch noch einen Gepäckgürtel drum herum geschnallt. Zwei-, dreimal öffnet sich noch der Reisverschluss und die letzten unverzichtbaren Kleinigkeiten verschwinden im Spalt – nur für alle Fälle, man kann ja nie wissen. Jetzt noch den Verschluss ins Schloss stecken und die Nummern verdrehen – so verwirrend wie möglich, für ganz schlaue Gepäckdiebe. Dann doch nochmal aufmachen, falls der Code nicht stimmt – besser, ich finde das jetzt heraus als hinterher. Wieder schließen. Nein, am besten doch gleich offenlassen, es könnte ja sein, dass der Zoll im Reiseföhn etwas Verdächtiges vermutet und das Schloss aufbricht, dann ist der Koffer hin. So, jetzt aber ab auf die Waage. Der Koffer wiegt genau 12,5 Kilogramm, das macht 2,5 Kilogramm Spielraum für Mitbringsel, perfekt.

Ein mulmiges Gefühl beschleicht mich, als der Koffer über die Gepäckschiene fährt und hinter der freundlichen Flugbegleiterin durch die Luke verschwindet. Meine Hände sind leer, der Körper so leicht. Durch das kleine Fenster im Passagierraum beobachte ich den Gepäckzug, der gerade unter dem Flugzeugflügel hält. Ist mein Koffer dabei? Was, wenn nicht?

Nervöses Gedrängel am Gepäcktransportband. Koffer für Koffer wird vom Band gehievt und mitgenommen. Nach einigen Runden Leerlauf, hält das Gepäckband an. Das war’s, da kommt nichts mehr. Panik kriecht in mir hoch. Was mache ich jetzt nur? Mit einem Ruck läuft das Gepäckband wieder an. Ein Koffer purzelt durch die Luke, ein zweiter und dann endlich einer mit dem vertrauten Anhänger, dem Gürtel, mein Koffer, er kommt! Schnell fische ich ihn herunter und umklammere seinen Griff. So als wäre ich ohne ihn verloren. So als wäre ich mit ihm gerüstet für all das, was kommt. So als könnte mir mit meinem Koffer nichts geschehen.

Jede Woche eine neue Koffergeschichte!

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Eine Begleitaktion zur Sonderausstellung „Packen, tragen, rollen – Reisegepäck im Wandel der Zeit“ (2021-2022)